Sentou 14) Ich fuehlte mich besser, und auch nicht

Naruto und ich blieben allein im Onsen zurück. Draußen hörte ich seinen verrückten Sensei noch Etwas summen, doch dann war es still. Verdammt still.
Beide schwammen wir nun ca. 5 Meter voneinander entfernt. Eine sichere Distanz, dennoch war es mir zu nah ohne Jiraiya als Puffer zwischen uns. Das Unbehagen lag dicht und schwer über meinem Kopf. Es war, als hätte jemand die Fenster verschlossen und dunkler Rauch durchzog den Raum und meine Stimmung. Ich fröstelte trotz der konstanten Wassertemperatur von 38 °C. Ich musste hier raus! JETZT!
„Lass es!“, sagte Naruto bestimmt. Er war mir nicht wirklich näher gekommen, vielleicht gerade mal 10 Zentimeter, aber meine Nackenhaare sträubten sich trotzdem.
„Wieso?“, fragte ich kühl.
„Lass es einfach! Jiraiya ist ein anderer, wenn... wenn es um Frauen geht.“
„Tch“, ich ließ mich ins Wasser zurückfallen.
„Es wäre einfach keine gute Idee...“, beharrte er.

„Das passt dir ja sicher super in den Kram, was?“, meine Augen spuckten Feuer, doch Naruto schien wenig beeindruckt. Er war eher genervt: „Fängst du schon wieder damit an?...“ Wütend stemmte ich mich aus dem Nass und blieb auf dem Rand sitzen.

Naruto begann auf dem Rücken durchs Becken zu schwimmen, langsam und ich beobachtete haargenau jede seiner Bewegungen. Nach einer Weile sagte er wütend: „Ich habe es zwar schon einmal gesagt, aber ich wiederhole es gern noch ein zweites Mal: es war keine Absicht! Und das mit deinem Fuß tut mir übrigens auch leid...“ Er richtete sich auf und sah mich an. Als ich nicht reagierte, schlug er ins Wasser. „Ich wollte dich eigentlich auch noch etwas fragen... Wenn du nur nicht so ein elender Sturkopf wärst, Sasuke!“ WAS?
„Bitte? Du spielst mir eine Szene vor, tust als seist du jemand anders und jetzt bin ich stur, weil ich darüber keine Freudensprünge mache?“ Ich fasste es nicht!
„Das nervst, Sasuke! Ich hab mich entschuldigt! Mehr als einmal. Viel früher sogar, wenn du nicht weggelaufen wärst!“ Tch. „Wenn du nur von deinem hohen Ross runterkommen würdest! ARR!“ Seine Wut stachelte meine geradezu an!
„Du tickst ja nicht richtig! Wenn du glaubst, dass Beleidigungen dich weiterbringen, dann bist du noch beschränkter als ich dachte!“ Verächtlich wandte ich mich ab und tastete nach meiner Hose, ob sie schon trocken war. Das war sie natürlich nicht.
„Oh Mann, Sasuke! Nun lenk doch nicht schon wieder ab!“ Tch. „Es tut mir leid, dass ich gestern nicht aufhören konnte dich zu küssen. Dass es überhaupt passiert ist... Ich weiß auch nicht ganz, was da mit mir los war... Ich weiß nur, dass ich dich küssen wollte und getan hab!“ Ich blickte zwar immer noch auf meine Hose, doch stierte ich durch sie hindurch. Er wollte mich küssen? Davon wollte ich nichts hören! Themenwechsel!
„Was ist das, was du mich noch fragen wolltest?“, fragte ich barsch. Als ich keine Antwort bekam, drehte ich mich um. Er war knallrot.
„Naja...“, er druckste rum, „Is' jetzt auch egal...“
„WAS?“
„Nichts, du würdest es eh nicht wollen...“
„Das entscheide immer noch ich. Sag schon!“ Warum zierte er sich jetzt so? Sonst sprudelte doch auch immer alles aus ihm heraus.
Er kniff die Augen zusammen und wisperte: „Naja, also... wenn's dir nichts ausgemacht hätte... dann hätte ich das von gestern gern... wiederholen wollen...“ Was? Das war so leise... Musste er so nuscheln? Ich versuchte es nicht zu hören, nicht zu verstehen - dennoch hörte und verstand ich. Ich wollte nicht, aber die Bedeutung drängte sich mir trotzdem auf.

Damit... damit hatte ich nicht gerechnet. Es... wiederholen? Naruto öffnete die Augen und starrte mich an. Ich starrte zurück.
Wollte er mich etwa auf dem Arm nehmen? Hatte er Todessehnsüchte? Was stimmte nicht mit ihm!? Er konnte doch nicht wirklich glauben, dass ich einverstanden sein würde!? Wieso sagte er dann so etwas Dummes?... Ist das etwa ein neues Spiel? Hatte Jiraiya seine Andeutungen vielleicht absichtlich gemacht!? ... Ich suchte in seinen Augen nach einer Antwort, fand aber keine. Er blickte mich nur an. Was geht in deinem Kopf vor, Uzumaki-kun? Ich erkannte Furcht, oder war es Angst? … Und was war jetzt das? Hoffnung?! Oh mein Gott!! Plötzlich konnte ich es ganz deutlich in seinen Augen lesen: er sagte ja die Wahrheit! Mein Hals schnürte sich zu und mir trat der Schweiß auf die Stirn. Was sollte ich denn bitte darauf antworten? Ich wollte schon 'Nein Danke' sagen, stattdessen war es ein gekrächztes „Wieso?“ Das überraschte ihn nicht weniger als mich. Oder... War es ihm peinlich?
„Naja, is' ja jetzt auch egal jetzt, oder? Du willst es ja eh nicht.“ Er grinste mich irgendwie künstlich an. Ich spürte einen kleinen Stich in der Brust: Naruto war traurig und mich machte es wütend. Ich wollte etwas sagen, aber ich wusste nicht was. Mein Mund ging mehrmals auf und zu, aber meine Gedanken konnten keine klaren Worte finden. Was wollte ich überhaupt sagen? Ihn trösten? Nein! Ein wenig Sarkasmus vielleicht? (Wusste er damit überhaupt etwas anzufangen?) Und noch während meine Gedanken sich überschlugen war die Quasselstrippe wieder da.
„Ach weißt du, es war eigentlich tatsächlich diese Trainingsgeschichte, von der immer alle reden.“ Sein Grinsen war breit, dennoch zweifelte ich an seiner Echtheit. „Sich auf den Ernstfall vorbereiten und so, weißt du? Und unser Kuss war jetzt wirklich nicht schlecht... Wir hätten es vertiefen können. Also: verbessern, meine ich.“ Ich starrte ihn an. Meine Augen blieben an seinen Lippen hängen und ein Erinnerungsflash an gestern Abend blitzte in meinem Kopf auf. Schnell schüttelte ich ihn ab.
„Trainieren?“, fragte ich. „Wir beide? Mit dir? Tch...“ Wie lächerlich! Ich lachte verächtlich, als mir Tsunades Worte durch den Kopf schossen: Ein Trainingspartner, an dem ich wachsen konnte. Tch. Tsunade hatte ja nicht diese Art von Training gemeint! Aber, Naruto hatte schon einmal ein Mädchen geküsst und dabei er war jünger. Ich dagegen... Irgendwann würde auch ich mich dem stellen müssen. Dann wollte ich natürlich nicht hinterherhängen. Objektiv gesehen war es eine ideale Gelegenheit, denn ich wollte meine Freizeit wirklich nicht mit Meiko-chan oder sonst wem verbringen müssen, nur um zu 'trainieren'. Ich konnte kaum glauben, wofür ich mich da eben entschieden hatte... Aber mein Entschluss stand fest.

„Okay“, sagte ich direkt an Naruto gewandt.
„Okay was?“ Der checkt auch gar nichts.
„Wir trainieren“ Ich schwang mich zurück ins Becken und tauchte dabei unter. Ein Schauer durchfuhr mich, als das heiße Wasser meinen ausgekühlten Körper umhüllte und irrerweise mit Gänsehaut überzog. Als ich auftauchte und mir die Haare aus dem Gesicht strich, sah ich wie mich Naruto mit offenem Mund anstarrte. War sein Gehirn jetzt durchgebrannt? Ich schwamm das kurze Stück auf ihn zu und mit jedem meiner Züge, wurden seine Augen größer. Ich hielt vor ihm an und erkannte sofort das Problem: im Wasser war kein Training möglich. Zumindest nicht so, wie ich es mir vorstellte. „Los, wir machen das auf der Senkbank!“, sagte ich und schwamm zurück. Als ich saß tauchte auch Naruto noch einmal unter. Er kam, nur die Augen aus dem Wasser blickend, auf mich zu. Wie eine Wasserschlange, schoss es mir durch den Kopf. Er hievte sich das kleine Stück nach oben, die Schlange war verschwunden und der Junge saß neben mir.

Wir hockten nebeneinander und blickten unsicher durch die Höhle. Nervös fuhr er sich durchs Haar. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie es aufleuchtete. Seine Muskeln und Sehnen auf dem Rücken und Oberarmen zuckten bei jeder Bewegung. Sein Gesicht blieb im Dunkeln. Auch er hatte sich die Haare so gut es ging aus dem Gesicht gestrichen und grinste mich nun frech an. Unwillkürlich musste ich schlucken. Irgendwie hatte ich mir das hier einfacher vorgestellt... Als er weiter weg war, erschien es mir leicht, doch jetzt, so dicht neben ihm... Irgendwie wurde mir schon wieder schlecht...
„Wie hättest du`s denn gern?“
„Was?“, schreckte ich auf, woraufhin er laut lachte.
„Naja, möchtest du anfangen, oder soll besser ich...?“ Ich wurde rot. Es gab einen, der anfängt? Wie war es denn gestern Abend?...
„Mit solchen Details will ich mich nicht aufhalten. Fang einfach an!“, entschied ich barsch und drehte mich zu ihm. Vielleicht etwas zu barsch, denn Naruto hob beschwichtigend die Hände.
„Okay okay!“ Er setzte sich ebenfalls seitlich, mir zugewandt. Ich starrte ihn an und das Licht fiel weich über sein rundes Gesicht. Es irritierte mich, dass er mit seinen blauen Augen Naruko so ähnlich sah - und auch wieder nicht. Sein Gesicht war kantiger, die Stirn ein wenig breiter und seine Augen lagen dichter beisammen. Ich bemerkte es, weil ich viel zu schnell zwischen ihnen hin- und herblicken konnte. So schnell, dass mir schwindelig wurde.
„Na los!“, sagte er und erst da merkte ich, wie nah er mir bereits gekommen war. Ich erkannte die gleiche Rötung in seinem Gesicht und die Schweißtropfen - genau wie gestern Abend. Ich spürte seinen Atem und sah wie er meinen Mund fixierte.
„'Na los'-Was?“, ich schwitzte wie ein Schwein. Er blickte mir in die Augen. So groß und blau. Wow...
„'Na los'-Komm mir gefälligst ein Stück entgegen oder schließ zumindest die Augen!“ Was? Ich...
„Die Augen schließen?“
„Ja sicher! Aber vielleicht passiert das ja ganz automatisch, wenn wir uns küssen“, mutmaßte er, holte tief Luft, schloss seine und war auf dem besten Wege auf meinen Mund zu. Ach du Scheiße! Ich geriet in Panik und stieß ihn derb davon. Reflexartig drehte ich mich weg.
Für eine Weile war es still. Es war Naruto, der anfing: „Ähm, Sasuke, also deinen Hinterkopf kann ich schlecht...“
„Ich glaub ich kann das doch nicht“, konstatierte ich knapp. Schweigen. „Mit dir trainieren. Also... dich küssen.“ Wieder Schweigen. „Ich glaube es liegt daran, dass du ein Junge bist.“
Da war es. Der Satz, der mir die ganze Zeit gegen den Kopf geschlagen hatte. Der mir den Hals zuschnürte. Mein Herz niederdrückte. Sofort fühlte ich mich besser. Leichter. Und auch wieder nicht.